Geschichte des Sülzloch in Godramstein

Das Sülzloch findet sich nördlich der Bornergasse und wird im Norden von der K8 Richtung Nußdorf, westlich von den Gartenzäunen der Böchinger Straße und östlich von der Max-Slevogt-Straße begrenzt.

Die Geschichte dieses kleinen, wunderschönen Fleckchens ist vielfältig und interessant ...

Und so stellen wir uns verschiedene Fragen:

  • Woher kommt eigentlich der Name „Sülzloch“?
  • Schon lange wird der Sülzloch von den Godramsteiner Bürgern als Grabeland genutzt. Aber wie lange denn nun wirklich?
  • Was gibt es sonst noch für Geschichten in und um den Sülzloch?

 

Woher stammt der Name Sülzloch?

Der aktuelle Duden online gibt die Herkunft des Wortes „Sülze“ an mit:
mittelhochdeutsch (mitteldeutsch) sülze, sulz(e), althochdeutsch sulza, sulcia = Salzwasser, Gallert, zu Salz.

Daher wird das Wort „Sülz“ abgeleitet von einem schweren Salzwasser und dessen geleeartiger Beschaffenheit und Konsistenz. Durch die Ableitung eines Buchstabens wird so aus Wort Salz „Sülz“, „Sülze“ oder auch „Silz“.

Es liegt nun nahe, den schweren, lehmigen Boden in Südpfälzer Quellregionen mit dem Wort „sülz“ zu kennzeichnen. Neben dem Sülzloch, der früher auch unter der Schreibweise Silzloch geführt wird, findet man beispielhaft den Ortsnamen Silz (Kreis Südliche Weinstraße) und den Fluß „Sülz“, der von Eußerthal in die Queich führt.

Weitere Quellen finden sich auch schon in älterer Literatur:

„In dieser Bedeutung erscheint es in der Pfalz öfter als Wasser-, Orts- und FIurname, z .B. Sulzbach, Sulzwoog"... Es wird dann noch auf Silz (…) und ein „Sülzloch" in der Gemarkung von Godramstein hingewiesen“. (Die Siedlungsnamen der Pfalz: Die Namen der Städte und Dörfer der Pfalz, Ernst Christmann, Verlag der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften; 1952)

„… liegt in einer sumpfigen Thalsenkung das Dorf Sülz. Der von Eußerthal her der Queich zufließende Bach heißt die Sülz, und der sumpfige Grund, in dem sie sich bildet, heißt der Sülzgrund. Eine Flur in der Gemarkung von Godramstein bei Landau heißt „im Sülzloch"; vgl. die mittelrheinischen Flurnamen bei Lexer (mhd. Wörterbuch): in der sulzen, ze sulzen, sulzgraben, sulzweg“. (Die germanische Besiedlung der Vorderpfalz an der[M3]  Hand der Ortsnamen, Georg Heeger, K. & A. Kaussler; 1900)

Seit wann existiert das Sülzloch?

Unser schöner Heimatort bereitet seit einiger Zeit seine 1250 Jahrfeier vor, auf die wir Godramsteiner uns alle schon freuen. Auch deswegen ist die Geschichte des Sülzlochs sehr interessant.

Egal wen man fragt – die Antworten auf die Frage nach der Entstehung des Sülzlochs reichen von „das gibt es schon immer“ bis hin zu „den haben die fleißigen französischen Tabakarbeiter 1890 urbar gemacht“ (Tabakfabrik Walter, eingetragen 1838, Anm.d.A.).

Wenn man sich auf die Suche macht, findet man den Sülzloch urkundlich erstmals erwähnt 1717. Es werden mehrere Morgen im Kirchenbesitz als Wiese deklariert. Allerdings wird hier „angrenzend“ Ackerland beschrieben, so dass man folgern kann, dass auch damals schon zumindest Teile des Sülzloch bereits als Grabeland genutzt wurden (Godramstein – einst und jetzt, Festschrift herausgegeben aus Anlass der 1200 – Jahrfeier im Juni 1967 von der Gemeindeverwaltung Godramstein, Pfalz-Druck Landau (Landau in der Pfalz), S. 158 zitiert hier: Papierkopie, Prot. LKA Speyer, Abt. 44 Godramstein, Akten Nr. 85 – Extractus Baubuchs de anno 1587, fol. 57)

Die ersten sicheren schriftlichen Quellen über eine Nutzung des Sülzlochs als Grabeland finden sich genau am 02.02.1823. (Bayrischer Rheinkreis: Intelligenzblatt des Rheinkreises, Band 6, Nro. 34, Speyer, den 02.02.1823, S. 167 f)

Hier findet sich die Geschichte einer Familie, eines Erbschaftsprozesses und von Neid:

Eigentlich war Jakob Wilhelm Rellstab (Geburt: 1775 Godramstein, Südliche Weinstraße Tod: Godramstein) eine wichtige Person in der Geschichte Godramsteins: der Schullehrer unterschrieb am 16.01.1818 gemeinsam mit Jakob Völker und einigen anderen die Einigung der reformierten und der lutheranischen Kirche zur protestantischen Gemeinde. Sein Vater Johann Konrad Rellstab (Taufe: 05.05.1732 in Edenkoben; Tod: 02.03.1806 in Godramstein) war als reformierter Pfarrer nach Godramstein gekommen. Und hier schließt sich die Geschichte zum Sülzloch: 

Zu Johanns Heirat mit seiner zwei Jahre jüngeren Frau Maria Elisabetha, geborene Pister (Geburt: 14.09.1734 in Edenkoben; Tod: 27.02.1800 in Godramstein) am 03.02.1762 in Godramstein erhielten die beiden ein Stück Grabeland im „Silzloch ob der Judengasse“ (damals hieß die Bornergasse noch „Judengasse“). Dieses Pflanzstück erbte zur einen Hälfte sein Sohn Jakob Wilhelm Rellstab. Als dieser in recht jungen Jahren starb, hinterließ er 5 Kinder.

Seine Kinder – minderjährig bis auf die noch nicht geehelichte Jungfer Catharina Rellstab, die sich nun alleine um ihre Geschwister kümmerte – waren natürlich rechtmäßige Erben des Stückes Grabelandes im Sülzloch. Doch auch hier gab es wie überall, damals wie heute Neider, die - statt den Kindern die Möglichkeit zum Leben zu lassen - auf den Grund und Boden hofften. Und die deswegen vor Gericht aussagten, ein Pfarrer erhielte das Land nur als Lehen, keineswegs als Geschenk.

So forderten Godramsteiner Bürger, das Stück zurück an die Gemeinde zu geben. Dieser Prozess vom 15.04.1823 wurde vor dem königlichen Bezirksgericht Landau geführt und ist in den Akten des Amtsgerichts Landau heute einzusehen.

Bei diesem Gerichtsprozess wurde der Küfer und Gastwirt Herr Johann Jakob Völker als Vormund für die minderjährigen Kinder Justina, Philippina, Margareta, Friederika eingesetzt. Als Nebenvormund wurde benannt Johann Jakob Zink, Huntersmann in Godramstein. Das Gericht bestimmte Herrn Notar Paraquin, die Auflösung des Erbes zu überwachen.

Am 19.07.1823 konnte so festgelegt werden, dass am 28. des gleichen Monats nachmittags um 2 Uhr in Godramstein das Vermögen zu Gunsten der Kinder versteigert wurde, darunter das Pflanzstück im Sülzloch. So konnten die Kinder in gesicherten Verhältnissen weiterleben.

Hierzu wurde das Krautstück von Geometern neu ausgemessen, so dass es auch heute noch genau in der Mitte unseres Biotops zu identifizieren ist.

 

Auch später findet sich immer wieder ein schriftlicher Nachweis über die Nutzung des Sülzlochs als Grabeland – vor allem dann, wenn es um Streitigkeiten oder Versteigerungen geht.

Die Beilage zum Eilboten Numero 40, Landau, den 18.10.1836 (digitalisiert bei Google Books) berichtet von einer Versteigerung am 14. Oktober nachmittags um 1 Uhr im Wirtshaus zum Einhorn. Versteigert wurden „18 Aren Acker im Silzloch  neben Johannes Riebel und Valentin Ackermann“.

Die Pfälzer Zeitung vom 06.12.1851, gedruckt von der Druckerei J. Baur in Landau (digitalisiert bei Google Books) berichtet von einer Versteigerung eines 4 Dezinealen Ackers im Silzloch (Plan-Nro. 2640) am 22.12.1851 um 2 Uhr nachmittags im Wirtshause zum Lamm neben anderen Objekten. Der Verkäufer des Stückes ist „aus absoluter Notwendigkeit“ Barbara Ferner, die Witwe des verlebten Johannes Schauer, gewesener Winzer, und ihr minderjähriger Sohn Philipp Schauer, vertreten durch den Vormund Philipp Jakob Menges, sowie ihre großjährige Tochter Margaretha Schauer.

Geschichten aus dem Sülzloch

Die Häuser im Sülzloch und westlich des Sülzlochs werden noch heute von alt eingesessenen Godramsteinern als „Mazzelberg“ bezeichnet. Ob dieser Name nun von dem Gruße „Mazzel tov!“ (= jüdischer Gruß, jiddisch oder hebräisch der Wunsch „nach einem guten Tropfen von Gott“) oder von der Mazze Bäckerei (die Bäckerei des traditionell ungesäuerten Brotes, das zum Pessach Fest serviert wird) abzuleiten ist, ist nicht sicher nachzuvollziehen.

Beides ist allerdings ein sicherer Hinweis darauf, dass es sich hier um einen früher von Juden besiedelten Ortsteil handelt. Ein weiteres Indiz findet sich in der Bornergasse, die bis nach dem II. Weltkrieg noch „Judengasse“ hieß.

Es gibt auch mündliche Überlieferungen zu dem sogenannten „Kindsbrunnen“ oder „Kindlbrunnen“ (Foto!), der direkt am Sülzlochweg auf dem Feld hinter der Hausnummer 8 zu finden ist. Die Brunnenanlage ist auch heute noch Notbrunnen für Godramstein und liefert eine erstklassige Wasserqualität.

Heute wird der Name des Brunnens gerne mit Geschichten vom Klapperstorch, der die Kinder aus dem Brunnen holt, oder mit dem schwarzen Mann, der böse Kinder in den Brunnen sperrt, erklärt. Aber wie Menschen untereinander nun einmal sind, rankten sich auch schon zu Zeiten des Mazzelbergs Gerüchte und Verleumdungen um den Brunnen – Gerüchte, die von antisemitischen Mitbürgern gezielt gestreut wurden.

Seinen Namen trägt der Brunnen diesen Geschichten zufolge nach der damaligen Behauptung, dass hier Juden des Nachts Christenkinder schlachten würden, was zu wiederholten Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung Godramsteins führte.

Nach dem letzten Pogrom waren keine Menschen jüdischen Glaubens mehr in Godramstein zu finden. Eine Synagoge oder ein jüdischer Friedhof konnte nie beweisend gefunden werden. Es wird aber vermutet, dass die Bestattungen vor dem Kirchgarten der protestantischen Kirche (jetzt im Bereich der Kellereigasse) stattfanden.

Am 18.06.1968 ist der Kindsbrunnen in Godramstein in die Liste der Naturdenkmäler der Stadt Landau in der Pfalz aufgenommen worden (TK-Nr. 6714 aus dem Amtsblatt Landratsamt Landau vom 26.06.1968).

Heute leben wieder Menschen jüdischer Herkunft und jüdischen Glaubens auf dem Mazzelberg. Diese sind – oft ohne dass es jemandem auffällt – ein ganz normaler, aber wichtiger Teil unserer bunt zusammengewürfelten Nachbarschaft.

Wer eine Geschichte zum Sülzloch oder andere interessante Geschichten zur Godramsteiner Ortsgeschichte zu erzählen weiß, kann sich gerne über unser Kontaktformular oder telefonisch beim Vorstand melden.

Wir freuen uns über jedes historische und persönliche Detail!