Biotop oder Kunstblumen?

von Maria Braun

Gedanken über die Landesgartenschau 2015

Jetzt ist es so weit: am 18.04.2015 wurde die Landesgartenschau Landau 2015 eröffnet. Endlich.
 
Die Landauer Bürger haben gewartet und gezahlt, haben zugesehen, wie auf dem ehemaligen Kasernengelände Bomben entschärft und ausgegraben wurden, wie die Landesgartenschau von 2014 auf 2015 verschoben wurde und vom 17.04. auf den 18.04., aus Pietätsgründen gegenüber den Opfern des Flugzeugabsturzes.
 
Worauf sie vergeblich gewartet haben, waren außer ausreichenden Parkmöglichkeiten so unwesentliche Dinge wie Blumen. Fertige Beete. Einen gepflegten, ausgewogenen Teich mit der natürlichen Menge an Algenwuchs statt einem 10 cm tiefen Tümpel in voller Algenblüte.
 
Aber wem die Natur zu langsam ist, der kann ja nachhelfen. Ich dachte, ich traue meinen Augen nicht, als ein paar Tage vor der verschobenen Eröffnungsfeier in jedem Kreisel von Landau Stecker mit überlebensgroßen Kunstblumen auftauchten. Gut, sind ja auch deutlich weniger pflegeintensiv als echte Blumen.
 
Ja, gut. Ich möchte nicht übertreiben. Es gibt ein paar blühende Tulpen - in harmonischen Lilatönen, passend zum Logo der LGS 2014/2015. Ansonsten herrscht gähnende Leere. Aber, die Antwort hat der Veranstalter gleich parat: es ist ja erst Frühling. 
 
Ach so. Plötzlich und unerwartet. Da kann man ja ruhig Eintrittsgeld für Tulpen erwarten - und für das Versprechen, dass es im Sommer natürlich überall grünt und blüht.
Es mag ja sein, dass in Landau auch außerhalb der LGS in keinem Garten andere Frühjahrsblüher stehen und dass man getrost blumen- und blütenlos auf den Sommer warten kann. In der steten Hoffnung, dass die zahlreichen Gärtner der Landesgartenschau Landau 2015 mehr Sommerblüher als Frühjahrsblüher kennen. 
 
Trotzdem stellt sich die Frage für jeden Besucher der Landesgartenschau: Was möchte ich eigentlich sehen? Kunst und Krempel oder Blumen und Leben?
 
Die Frage wird aber auf einer Wiese im Zentrum der Landsgartenschau eindrücklich beantwortet. Durch einen durchschnittlich großen Bauzaun. Ja, doch. 
Die meisten der Besucher der ersten Tage sind erst einmal an dem Kunstwerk vorbei gelaufen in der irrigen Meinung, es seien noch Restbestände der Aufbauarbeiten. Davon waren zum Eröffnungszeitpunkt ja auch an anderen Orten der LGS genug zu sehen. Wahrscheinlich wären mehr Besucher auf die Idee gekommen, sich das Gebilde näher anzusehen, wenn nicht in und um die Landesgartenschau noch so viele Arbeiter eifrig unterwegs gewesen wären. Aber wer näher tritt, erkennt, dass der Bauzaun ein Kunstwerk ist - und ein gutes noch dazu. 
Denn das näher Hinschauen lohnt sich. Durch humorvolle, gelungen satirische Schilder wird klar: der Zaun ist Kunst. Und kritisiert die Abschottung der heutigen Menschen von der Natur durch die Kultur. Den fehlenden Bezug, den moderne Menschen zur Natur haben. Die klare Grenze, den Zaun, den sie ziehen, wenn sie Gefahr laufen, mit wirklicher »Natur« in Berührung zu kommen. Die Angst, die manche Leute vor der Natur haben.
 
Eigentlich spricht nichts gegen Kunst auf einer Landesgartenschau. Sicher nicht. Harmonisch in die Pflanzen eingefügte Skulpturen - gerne, jederzeit. Geschmackvolle Gebäude - auch sehr gut. Und eigentlich ist die hier umgesetzte Idee gut, sich auf einer Landesgartenschau über das Stilmittel der modernen Kunst kritisch mit der Zerstörung der Natur auseinanderzusetzen. Eine Landesgartenschau kann durchaus ein guter Ansatz sein, die Bezüge, die ein heutiger Mensch noch zur Natur hat, zu hinterfragen. Aber wenn dann nachher auf genau dieser Landesgartenschau mehr künstliche als echte Blumen zu finden sind, trifft das genau mein Humorzentrum.
 
Die Frage nach Ausgewogenheit zwischen Natur und Kultur stellt sich um so mehr, nachdem schon ganz zu Beginn der Planung über die Aspekte des Natur- und Artenschutzes hinweggegangen wurde wie ein mit einem Staubwedel über die Kunstblumen auf einem Klavier.
Die auf dem Ebenberggelände heimischen Eidechsenarten wurden in einer halbherzigen Goodwill-Aktion von ein paar freiwilligen Helfern »umgesiedelt«. Also, natürlich nur die Eidechsen, die gefunden wurden. Und die dann auch noch in einer halbwegs sinnvollen Zeit gewillt waren, sich einsammeln zu lassen. 
 
Auf die anschließend gefundenen Bomben wurde mehr Zeit und Geld verwendet. Aber die hätten ja auch explodieren können, statt einfach nur wie jedes andere anständige »Fundstück« nur den Schwanz abzuwerfen. Und so wirklich rechnen konnte ja auch keiner mit Bomben. Auf einem ehemaligen Kasernengebiet. In Nähe einer Grenze.
 
Aber zurück zum Thema: Warum konnte man nicht einfach ein anderes Gelände wählen?
Denn es ermangelt der Stadt Landau nicht an Gelände. Es gibt zahlreiche Äcker, Fluren und Wiesen, die man in eine Landesgartenschau verwandeln kann, ohne dabei geschützte Tier- und Pflanzenarten zu zerstören.
Ein Blick in den Flurplan würde schon reichen. 
 
Daher bleiben nur die traurigen Fragen nach dem Warum:
Warum möchte die Stadtpolitik in Landau gewachsene Biotope für die Landesgartenschau zerstören, statt sie gekonnt in eine Landesgartenschau zu integrieren?
Warum sieht die Politik nicht das Potential, Interesse an naturnahem Gartenbau ebenso zu wecken wie an modernem Bau?
 
Warum sind in manchen Augen Kunstblumen schöner als die Natur?
 
Ist das überhaupt eine wirkliche Landesgartenschau?
 
 

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